Sonntag, 2. September 2007

„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl den Mops im Haferstroh“


Atelierbesuch Vincent.Klee
Zeit-Magazin (5/2007)
Von Peter Schnitzel


Es schlägt einem ein dumpfer Lärm entgegen, betritt man das „Atelier“ der Künstlergemeinschaft vincent-klee. Der Name, eine krude Mischung aus toten Künstlern des 19. Jahrhunderts, scheint das einzige zu sein, was die beiden Artisten (Hochseilturnen) noch zusammenhält und vielleicht ist es ja doch nur der Bindestrich. Der vormalig reinweiße Vorraum ist voll gespritzt mit roter Farbe, die über und über auf dem Boden und an den Wänden verteilt ist.

Ihre Disposition zu teuren Konsumgütern lässt sich die Kunstgemeinschaft einiges kosten und nun liegen sie verstreut auf dem Boden, Kaviar in kleinen Döschen oder, wie es vincent, der erste Teil des Duos zu nennen pflegt, „Fischmüll“.
Der Glastisch rechts ist zerbrochen und steht in der Ecke, traurig funkelnd mit großen Scherben. Beim Durchschreiten des großzügig bemessenen Raumes, wird gewahr, was eigentlich passiert: Die Haustür stand offen, der Lift kam in quälender Gelassenheit, die Räume sind nur durch ihn zugänglich, ein Nadelöhr.

Die Geräusche schwellen an. Seit sie ihre Bilder nicht mehr hunderttausendfach verkaufen, ist ihr Image der unbeschwerten Lausbuben der Kunst dahin. Die Depression legte sich Ende der 90er – Jahre wie ein schwarzes Tuch über die Bilder, die teilweise nur noch mit Nahrungsmitteln entstanden. Die New-Economy-Blase war geplatzt, und das nicht nur an der Börse. Die Mäzene wandten sich ab, aber vincent-klee hatte sich genug Geld beiseite geschafft um überleben zu können.

Unter Kennern gewann der Begriff „Beutekunst“ plötzlich neue Bedeutung. „Die Hamster von der Weser“ schoben sich das Geld in ihre dicken Bäckchen und blieben im Laufrad, abgeschieden von der Öffentlichkeit. Ausgebrannt, thematisch am Ende. Die, von ihnen entfachte, einstige Revolution der Moderne war im Sande verlaufen. Blut, Schweiss und Tränen vermischten sich zu Dreck.


Ehemalige Superstars vincent-klee:
„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl den Mops im Haferstroh“


Es ist die typische Kunstkarriere: Mit drei bekommen vincent-klee den ersten Wachsmalstift geschenkt. Mit sieben sind die ersten Bilder verkauft.
Gefangen in einer faschistischen Diktionsmaschine wird der Name vincent-klee ausgeschlachtet und verramscht wie ein Schnäppchen beim Teleshopping. Zu dieser Zeit sind sie, wie sie selbst später sagen, eine Mischung aus Britney Spears und Bubbles, dem toten Affen von Michael Jackson. Jetzt: Hunderte Bilder stehen in einem Nebenraum in Reih und Glied, früher Millionen wert und der Lärm wird noch lauter, ein Scheppern und Dröhnen , schon fast schrill und reißt plötzlich ab, metallisch dröhnt es in den Ohren. Noch durch die große Flügeltür, die über und über beschmiert ist mit Undefinierbarem und dann sind sie da.

Zweiter Teil folgt.

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