Mittwoch, 15. April 2009

Helden im Blätterwald

Nachbesprechung: Der WESER-KURIER über die Ausstellung "Du Held"

Artikel vom 09.04.09

Superhelden auf den Menschen gebracht

"Du Held: Erste Ausstellung der Veranstaltungsreihe Kunstzoll im Alten Zollamt eröffnet

Von Chris Ruschin


Handelshäfen. Captain Amerika mit Burn- Out-Syndrom, Supermann, der seinen Anzug zu heiß gewaschen hat, Topmanager vorm Arbeitsamt. Pünktlich zur Wirtschaftskrise
liefern acht junge Künstler mit Fotos, auf Leinwänden und auf Packpapier ein anderes
Bild von Helden – und versagen ihnen ihre Funktionen als Vorbild und Trostspender.


„Im so tired“, Ich bin so müde, steht auf einem der Porträts der Comicfigur Captain
Amerika, auf dem er resignierend ins Leere starrt.
Ein paar Meter weiter wird Batman mit einem Computerausfall konfrontiert.
„Das ist als Bildwitz gemeint“, kommentiert der Mediengestalter Klaas Wurtmann sein Leinwandbild. „In meinen Augen ist Batman ein Superheld, der ganz viele Muskeln hat, aber auf seine Geräte angewiesen ist.“ Virus- oder sonstige Rechnerprobleme, die unseren Alltag begleiten, gäbe es bei Batman aber nie. Nicht nur der Viertelbewohner Wurtmann spielt mit dem, was sich in Comicwelten nicht schickt. „Wir haben überlegt, was das Thema hergibt“, sagt der Kunst- und Medienstudent Michael Sommer aus der östlichen Vorstadt, der zusammen mit seinem Kommilitonen Per Thomas die Idee zu der Ausstellung hatte.

Bald schon hätten sich bei den Überlegungen drei Ebenen herauskristallisiert: „Das war eine politische und eine verletzliche Dimension, aber auch eine Fanebene“, erinnert sich Sommer.
Auf„platte Reproduktionen“ haben die Künstler jedoch allesamt verzichtet, wie Thomas
aus Bremen Nord betont. Auf den Bildern im ehemaligen Zollamt ist tatsächlich kein einziger strahlender Held zu sehen. Die Protagonisten der Bilder wirken eher zerknirscht, tragisch oder ziemlich unbeholfen. Gerade in der Wirtschaftskrise, so Thomas, flüchten sich viele in die Welt der Superhelden. „Das ist aber ein billiger Zufluchtsort“, kritisiert der Student. Mit der zweitägigen Ausstellung wollen die acht Künstler die menschliche und verletzliche Seite der Helden aufzeigen und sie damit dem Publikum wieder näher bringen. Aus diesem Grund hätten sie auch den Titel „Du Held“ gewählt, sagt Sommer, „damit spricht man jeden an“.

Einen „Helden“ der realen Welt hat Steffen Plorin in einer dreiteiligen Bilderserie mit einem nichtssagenden Herren im grauen Anzug gewählt. „Mir ging es darum, mich von dem eigentlichen Bild des Superhelden zu distanzieren“, begründet Plorin, der ebenfalls Kunst und Medien in Oldenburg studiert. Auf ein klassisches Attribut hat er dennoch nicht verzichtet: In einem der Bilder trägt sein Krawattenträger einen Umhang.
In einem anderen steht er dann vorm Arbeitsamt. Für sein Motiv habe sich der 23-Jährige von Klaus Zumwinkel, Hartmut Mehdorn und anderen Topmanagern inspirieren lassen, die zurzeit „eine Pleite nach der nächsten verzeichnen“, sagt Plorin. Die Bilder sind auf den Keller, das Erdgeschoss und den Flur des ehemaligen Zollamtes am Hansator verteilt.

Eine bunt verglaste Fensterfront hat die Künstlergruppe in ein Sammelsurium von Superheldenzeichnungen auf Transparentpapier verwandelt. „Die Räume sind wunderschön. Es bietet sich einfach an, hier eine Ausstellung zu machen“, sagt Sommer, der Mitglied im dort angesiedelten Verein „Musikszene Bremen“ist. Mit „Du Held“ beginnt die Reihe „Kunstzoll“,
weitere Ausstellungen sollen folgen. Diese Veranstaltungsreihe kommt nicht nur
den Bildgestaltern zugute, wie Sommer zu berichten weiß: „Der Verein braucht seine
Gemeinnützigkeit. Es reicht nicht, wenn hier nur Bands spielen.“


__________________________________________________________

Einige Phrasen und Wörter, die die Veranstalter ebenfalls "gedroppt" haben, die (aus diesem Grund) keine Berücksichtung im (sehr guten) Artikel fanden:

"Dualität der Ereignisse"
"Konvergenz im aktuellen Kunstmarkt"
"Diffusion"
"Wahrnehmungsgewohnheiten"
"Terror"

Keine Kommentare: